Die Sache mit dem Merle-Gen

Die bunte Farbe beim Catahoula – das Merle-Gen

Die merletypische Fellfarbe wie beispielsweise schwach pigmentierte Flecken, die unregelmäßig über den gesamten Körper verteilt und vermischt mit stärker pigmentierten Flecken sind, kennt man von vielen Rassen wie zum Beispiel dem Australian Shepard, Collie, Border Collie, Cardigan Welsh Corgi, Shetland Sheepdog, Dachshund, usw. Trotzdem gehören Hunde mit solch einer Merle-Fellfarbe nicht zur Mehrheit innerhalb ihrer Rasse. Das ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die für diese Rassen gültigen Zuchtregelungen die Verpaarung von zwei Hunden, die die typische Merle-Fellfarbe tragen, verbieten. Der Hauptgrund für die Existenz einer solchen Zuchtregelung ist die Tatsache, dass Nachkommen mit einer vorwiegend weißen Fellfarbe (sogenannte Doppelmerle) von genau solchen Merle-Elterntieren abstammen und allgemein bekannt ist, dass diese Tiere sehr oft unter einer Vielzahl von ernsthaften gesundheitlichen Problem leiden.

Dennoch gibt es eine Rasse, die für ihre vorwiegende Merle-Farbgebung und das leopardenähnliche Fellmuster bekannt ist – der Louisiana Catahoula Leopard Dog (LC). Es scheint, als seien einfarbige (solid) LC bei vielen Züchtern aus dem Ursprungsland der Rasse weniger erwünscht. Aus diesem Grund werden trotz der Gefahren möglicher Gesundheitsschäden der Welpen, bewusst Merle-Gen-Träger miteinander verpaart um Merle-Gen-tragende Jungtiere zu erhalten, die die typische Leoparden-Zeichnung aufweisen.

So ist es nicht verwunderlich, dass mittlerweile die meisten Hunde dieser Rasse das Merle-Gen tragen und dass „echte“ einfarbige (solid) Hunde (kein Merle-Gen-Träger) eher selten sind.

Dennoch scheint es, als sei die Rasse an sich nicht ernsthaft in Gefahr und als sei das Auftreten der durch das Merle-Gen verursachten Defekte nicht stärker ausgeprägt als innerhalb andere Rassen, die ebenfalls das Merle-Gen tragen.

Das Merle Gen wurde von Clark et al. (PNAS 103 (5): 1376-81, 2006) im Jahr 2006 entdeckt. Es eröffnete eine Ära möglicher genetischer Tests der gesamten Hunde-Population. Clark et al. zeigten, dass es sich bei dem entsprechenden Gen um ein SILV-Gen (Silver locus, Pmel17) handelt. Seine Funktion ist noch nicht vollständig geklärt, jedoch weiß man, dass es zur Gruppe der Dilute-Gene gehört, die für die Aufhellung der Intensität der Fellfarbe verantwortlich sind und dass seine Auswirkungen sich ausschließlich auf das Fell und die Augen beziehen.

Clark et al. bewiesen, dass genetische Modifikationen (Mutationen) der SILV-Gene ihre normale Funktion beeinflussen und in Fellmuster resultieren, innerhalb derer sich aufgehellte Pigmente mit Flecken normaler, unverwässerter Pigmente mischen.

Nicht-modifizierte SILV-Gene werden als m bezeichnet, wohingegen modifizierte Versionen mit einem M (Merle-Gen) gekennzeichnet sind. Modifikationen von SILV-Genen werden durch die Insertion eines mobilen genetischen Elements (Retrotransposon (SINE)) verursacht, welches, wie wir heute wissen, verschiedene Längen haben kann. Es scheint, dass die Länge der Insertion die Art und Weise beeinflusst, wie sich das Merle-Gen im Phänotyp des Hundes manifestiert.

Im ursprünglichen Artikel von Clark et al. werden zwei Modifikationen des SILV-Gens beschrieben. Das normale M-Gen beinhaltet die Insertion der Länge 259-262 bp. Es verursacht bei heterozygoten Hunden (mM) das typische Merle/Leopard-Fellmuster und bei homozygoten Hunden (MM) das typische Doppelmerle-Erscheinungsbild mit vorwiegend weißer Farbe.

Eine weitere Modifikation, die Clark et al. Benennen, beinhaltet eine kürzere Insertion der Länge 220-225 bp. Diese Modifikation des SILV-Gens wird als verborgenes (phantom oder cryptic) Merle-Gen (Mc) bezeichnet und scheint keinen offensichtlichen Einfluss auf die Fellfarbe zu haben.

Cataloochee´s Ari Kara, black and brindle with white chest

Sowohl heterozygote mMc als auch homozygote McMc Individuen scheinen eine durchgehende Fellfarbe, ähnlich wie homozygote Hunde mit nicht-modifiziertem SILV-Gen (mm), zu besitzen. Nach dem heutigen Kenntnisstand ist ein genetischer Test der einzige Weg, diese Hunde von solchen zu unterscheiden, die kein Merle-Gen-Träger sind.

Beide der oben erwähnten Modifikationen des SILV-Gens wurden in allen damals betrachteten Rassen gefunden. Das Merle-Gen scheint autosomal, inkomplett dominant vererbt zu werden. Nachkommen erhalten ein Allel dieses Gens von beiden Elternteilen und die daraus resultierenden Genotypen verteilen sich im Einklang mit den Mendelschen Regeln.

Das „Catahoula“ Merle-Gen wurde nun im Rahmen eines ausgedehnten Merle-Gen-Tests innerhalb der LC-Population identifiziert. Es ist eine weitere Modifikation des SILV-Gens. Die Insertion hat eine mittleren Länge von 243-249 bp, was typisch für die Rasse des LC scheint. Um es von den oben genannten Modifikationen zu unterscheiden, habe ich ihm den Arbeitsnamen Ma gegeben.

Die Länge der Insertion liegt also in der Mitte zwischen M und Mc und äußert sich in einem Merle Phänotypus von weniger als Merle aber mehr als cryptic Merle. Ma heterozygote Hunde (z. B. mMa) werden mit einem einfarbigen Erscheinungsbild geboren, das sich mit zunehmenden Alter mehr oder weniger in Richtung Merle-Fellfarbe entwickelt.

Für Ma homozygote Hunde, z. B. MaMa zeigen zwar die Merle-Fellfarbe von Geburt an, jedoch handelt es sich hier um eher verwässerte Farben wie beispielsweise blau.

Auch wenn sie Doppelmerle-Träger sind, zeigt sich für gewöhnlich keine oder nur wenig weiße Farbe.

Ein M und Ma kombinierter Genotyp wie beispielsweise MaM scheint für das „Patchwork“-Erscheinungsbild typisch, das durch größere Flächen aufgehellter Fellfarbe, dem Leopardenmuster und weiße Farben gekennzeichnet ist.

McMa heterozygote Hunde werden einfarbig (solid) geboren und zeigen (wie oben erwähnt) mit hoher Wahrscheinlichkeit später Merle-Muster.

Fellfarbe „patchwork“ beim Genotyp MaM

Die Existenz der für LC spezifischen Modifikation des SILV-Gens, (hier bezeichnet als Ma) war bis heute wahrscheinlich unbekannt. Es erklärt jedoch sehr gut, wie Merle-Phenotypen geboren werden können, obgleich beide Elterntiere einfarbig (solid) sind.

Zum heutigen Tage und mit dem heutigen Wissensstand scheint es, dass keine weiteren Modifikatoren des Merle-Gens benötigt werden, um zu erklären, dass sich das Merle-Gen beim Louisiana Catahoula anders verhält als bei anderen Rassen.

Trotzdem kann eine Regulation, Modifikation oder Kooperation mit anderen Genen nicht vollständig ausgeschlossen werden, solange wir nicht mehr Informationen hinsichtlich der Genexpression und dem Vorhandensein der Effekte und der Kooperation mit beispielsweise dem Piebald-Gen erlangt haben, das sicherlich im Genom mancher LC vorliegt.

Die Methode der Bestimmung des Merle-Gens, wie sie beispielsweise von Biofocus Labor in Deutschland angewandt wird, basiert auf den Methoden von Clark et al., wie zum Beispiel die PCR-Analytik von Genprodukten mit Hilfe spezieller Primer. Die eigentliche Analyse beginnt mit der Isolation der DNA aus Gewebeproben von Hunden (z.B. Abstrich aus der Mundschleimhaut). Unsere praktische Erfahrung hat gezeigt, dass sich Blutproben besser zur DNA-Isolation eignen.

Jüngste Ergebnisse haben außerdem gezeigt, dass es sich bei dem LC um eine „Merle-Gen-durchwachsene“ Rasse handelt. Es konnte bewiesen werden, dass 80% der getesteten Louisiana Catahoulas Träger des Merle-Gens waren. Mehr als 30% davon waren Doppelmerle von denen wiederum mehr als 30% einfarbig (solid) waren.

Autorin: RNDr. Helena Synkova


Erklärung von Grundbegriffen

„Der Phänotyp oder das Erscheinungsbild ist in der Genetik die Menge aller Merkmale eines Organismus. Er bezieht sich nicht nur auf morphologische, sondern auch auf physiologische und psychologische Eigenschaften.“

Phänotypen resultieren aus der Expression der Gene eines Organismus ebenso wie aus dem Einfluss von Umweltfaktoren und der Interaktion dieser beiden miteinander.

„Der Genotyp […] oder das Erbbild eines Organismus repräsentiert seine exakte genetische Ausstattung, also den individuellen Satz von Genen, den er im Zellkern in sich trägt und der somit seinen morphologischen und physiologischen Phänotyp bestimmt.“ Nicht alle Organismen mit demselben Genotyp sehen gleich aus oder verhalten sich gleich. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass Aussehen und Verhalten von Umwelt- und Entwicklungsbedingungen beeinflusst werden. Nicht alle Organismen die gleich aussehen, haben den selbe Genotyp.

Übersetzung ins Deutsche: Beatrice Rosenthal

http://de.wikipedia.org/wiki/Ph%C3%A4notyp 24.02.2013

http://de.wikipedia.org/wiki/Genotyp 24.02.2013

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